3. Dezember 2015
Heute geht es zu einer 3-wöchigen Reha in die Nähe von Passau. Einerseits sinnvoll, andererseits fällt es schwer die Familie wieder zu verlassen. Ist doch so schön und gemütlich zu Hause! Aber eine Anleitung wie ich mit der Inkontinenz umzugehen habe macht ja Sinn. Momentan weiß ich nicht wie das jemals wieder klappen soll. Werde ich dies zu 100% erreichen oder nicht? Ich nehme dies für ein längeres Leben gerne in Kauf, dennoch stelle ich mir vor wie dies in Zukunft sein wird. Es bleibt ein bißchen Sorge.
4. Dezember 2015
Hm, so wie ich es mir vorgestellt habe. Aber ich will es durchziehen um möglichst viel mitzunehmen. Das Hauptproblem ist die Inkontinenz und ich kann es mir derzeit einfach auch nicht vorstellbar wie ich dies in den Griff kriegen kann. Natürlich geben mir viele Personen die Zuversicht das es klappen wird. Es kann halt nur einige Monate dauern bis die entsprechenden Muskeln aufgebaut sind. Die Reha Klinik sonst ist OK. Klinik halt und alles durchgetaktet. Typisch deutsch halt.
Im Speisesaal fühlt man sich ein bisschen wie in einem Hotel auf Malle. Kaum geht die Tür auf und die Leute strömen rein. Fehlen nur die Handtücher!
Als Neuling bekommt man eine Speisesaal Einführung und darf deshalb ein paar Minuten früher rein. Insofern bin ich auf dem Bild kurz allein. Besinnliche Ruhe bevor die Masse herein stürmt und sich aufs Essen stürzt.
4. Dezember 2015
... ist voller als mein Geschäftskalendar. Ich dachte ich soll mich erholen, klingt aber mehr nach Stress. Morgen am Samstag schon um 8.20 Uhr die erste Behandlung. Eine Elektrotherapie die durch Stromimpulse die Muskeln anregen sollen. Naja, wenn es hilft. Ein Tischnachbar fährt morgen nach Deggendorf für eine Probefahrt mit nem Jaguar. Auch nett! Sind auch viele Vorträge dabei. Muss man ja nicht alle mitmachen 😁
5. Dezember 2015
... schon gefrühstückt, Elektrotherapie und Gymnastik hinter mir. Nichts mit ausschlafen und erholen! Aber dadurch das man früher und entspannt abends in der Koje liegt, ist es nicht ganz so wild. Allerdings fällt es mir schon schwer nach dieser deutschen Tugend und der strengen Taktung meinen Alltag zu bestreiten. Heute scheint die Sonne so das ich gleich mal ein bisschen um die Klinik herum spazieren werde. Heute Nachmittag gibt es dann Fußball über SkyGo und der Tag ist gerettet!
Zu den bisherigen Anwendungen war ich noch nie pünktlich, immer leicht verspätet um ein, zwei Minuten. Grade rechtzeitig eben. Mal sehen ob ich hier im Laufe der Zeit noch etwas disziplinierter werde.
6. Dezember 2015
Auch bei mir war der Nikolaus. Leider darf ich den Schokonikolaus nicht verspeisen, da er nicht aus mind. 70% Cacao besteht. Meine Frau würde mich sonst schimpfen. Dafür hat mir meine Allerliebste zwei kleine Fein Bitter Täfelchen eingepackt. Dumm das diese schon bald aufgebracht sind. Ob ich beim Edeka hier um die Ecke solch eine finde, bezweifle ich stark. Den Nikolaus bekommt dann eben Sohnemann nächste Woche!
7. Dezember 2015
War recht unspannend, richtig langweilig aber auch ein bisschen erholsam. Viel Schlaf, Beckenboden-Training, ein bisschen laufen, sowie Wintersport und Fußball im TV ließen die Zeit doch recht schnell vorüber gehen. Ich freue mich schon aufs nächste Wochenende, denn dann besuchen mich meine Allerliebsten ❤
7. Dezember 2015
Heute stand auch eine Ultraschall Untersuchung an. Alles in Ordnung. Leiste sieht gut aus, Blase in Ordnung, Nieren gut (ausser einer bereits bekannten Zyste). Kein Stau in den Lymphbahnen, was bei der Entnahme von mehreren Lymphknoten durchaus mal passieren kann. Arzt war zufrieden - ich demnach auch. Jetzt gibt es gleich noch die allabendliche Thrombosespritze und dann ist schon wieder Feierabend.
9. Dezember 2015
Ist einfacher als gesagt. Die Inkontinenz ist einfach das größte Problem. Sonst ist alles gut, die Wunde verheilt gut, die Schmerzen werden weniger. Aber das ständige auslaufen ist schon eine sehr starke psychische Belastung. Den Mut nicht zu verlieren ist nicht einfach. Die Verzweiflung wenn du mal wieder merkst das du ausläufst ist riesig. Als ich die Ultraschall Untersuchung hatte, meinte der Arzt: "Schön, die Blase ist leer" . Toll dachte ich. Als ich danach aber aufstand, lief schon wieder was in die Einlage :'( Insofern auch schwierig vorstellbar wie ich irgendwann den beruflichen Alltag so bestreiten kann. Allein die Vorstellung du hälst einen Vortrag vor versammelter Gesellschaft und es läuft. Auch wenn es keiner merkt, aber du fühlst dich doch dabei einfach nicht gut. Manchmal dauert es bis zu einem Jahr bis die vollständige Kontrolle über die Blase erzielt wird. Was für eine lange Zeit!
Zumal wenn du dann auf dem 🚽 warst und du sofort bei der nächsten Bewegung wieder etwas kommen spürst.
Ich fang schon an weniger zu trinken, in der Hoffnung das ich dann trocken bin. Pustekuchen, es kommt trotzdem immer wieder was.
13. Dezember 2015
Rudelkuscheln vom feinsten und ein Kurzbesuch in Passau. Am Samstag kamen meine Liebsten an. Es fehlte nur Picabo. Wir genossen die ersten Stunden ganz gemütlich im Zimmer der Pension. Einfach liegen und geniessen. Kurz mit den Hunden Gassi gehen und ein schönes Nachmittagsessen, um dann wieder zu dritt gemütlich im Bett zu liegen und gemeinsam Joko und Klaas zu schauen. Um 6 Uhr wurde ich unsanft von dem Klinik-Personal geweckt, da ich am Vorabend die Thrombosespritze vergessen hatte 😠 Nach einem gemeinsamen Frühstück sind wir dann noch kurz nach Passau gefahren. Ein schöner Spaziergang am Ufer der Donau und Inn. Motte genoss das Wasser. Ein kleines Mittagessen noch und dann mussten die beiden auch schon wieder los. Schön war es!
Die gemütliche Stimmung mussten wir dann unterbrochen, da ich in die Klinik zurück mußte.
14. Dezember 2015
Warme Worte - feuchte Augen - lachendes Herz https://sturzfeder.wordpress.com/2015/12/13/es-ist-kackegal-wie-du-aussiehst/
15. Dezember 2015
Lieber einen Beutel am Bauch als einen Zettel am Zeh So gesehen am Wunschbaum in der Klinik!
16. Dezember 2015
Ich komme zwei Tage früher raus. Hurra. Die Zeit verging doch recht schnell und es war nicht so schlimm wie befürchtet. Allerdings nehme ich nur noch an den Beckenboden-Training teil. An anderen Übungen wie Traumreise, Klang und Farben, autogenes Training nehme ich nicht mehr teil. Ich bin so entspannt das ich jedes mal einschlafe. Dann doch lieber allein im Zimmer mal ein Nickerchen machen. Bringt mir mehr 😀
Jetzt kann ich die Tage schon runter zählen.
17. Dezember 2015
Ich habe meinen gestrigen Frust in Form einer Mail an meinen Operateur geschickt. Sehr geehrter Herr Prof. xxx, als Sie mich nach der OP verabschiedeten, sagten Sie mir ich solle mich nach 3 Wochen bei Ihnen per Mail melden und ihnen mitteilen wie es mir geht. Das will ich mit dieser Mail nun tun. Ich bin noch bis nächsten Dienstag auf der AHB in der Nähe von Passau. Ich habe mich hier sehr gut erholen können und mir ein eigentlich solides Gerüst der Hoffnung aufgebaut. Der Wundschmerz ist nach gut einer Woche verschwunden, so dass ich jetzt beschwerdefrei meine Beckenbodenübungen durchführen kann. Die Narbe ist gut verheilt und meine Blut- und Urinwerte sind in Ordnung. Soweit so gut. Bis gestern, denn da hatte ich Besuch von Prof. xxx, ihrem stellvertrenden Direktor. Ich weiss nicht warum mir dieser Termin angeboten wurde und ich wünschte mir ich hätte ihn nicht wahrgenommen. Am Ende ist mein Gerüst der Hoffnung doch fragile und durch die Art und Weise der Gesprächsführung von Prof. xxx hatte er es geschafft dieses Gerüst in einem 3-minütigen Gespräch zum einstürzen zu bringen. Ausser Verunsicherung, einer schlechten Nacht und viele negativen Gedanken hat mir dieses Gespräch nichts gebracht. Ich wünsche mir das man sich Gedanken darüber macht ob es sinnvoll ist einen solchen Termin Patienten anzubieten, die nicht von Prof. xxx operiert worden sind. Am Ende ist es für mich nichts anderes als ob irgendein Arzt aus einer x-beliebigen Klinik meinen Entlassungsbericht in kürzester Zeit durchliest und nur anhand dieses Berichts seine Einschätzung abgibt. Diese mag ja grundsätzlich nicht falsch sein, aber wenn dann auch noch (für mich) konträre Aussagen fallen, dann fragt man sich was dies für einen Sinn hat. Fragen zum Wohlbefinden oder Untersuchungen zum gegenwärtigen Gesundheitszustand gab es nicht. Fehlt dem Arzt zudem dann noch das Vermögen sich in die persönliche Situation eines Patienten zu versetzen, dann steigt die Verzweiflung ungleich schneller. Ich wollte nach dem Gespräch sofort die Klinik verlassen. Ich sah, bisweilen sehe ich es immer noch so, keinen Sinn mehr darin hier zu bleiben. Die Inkontinenz werde ich auch in den restlichen Tagen nicht ablegen. Dann fahre ich lieber heim und nutze die Zeit mit meiner Familie und mit dem Besuch weiterer Ärzte um mich schleunigst über weitere Behandlungsmethoden zu informieren und ggf in die Wege zu leiten, anstatt hier allein und verzweifelt zu sitzen und zum nichts tun verdammt zu sein. Sie hören meine Verzweiflung und Frustration heraus. Ich weiss das ich in einer schwierigen gesundheitlichen Gesamtsituation bin. Dennoch haben Sie von einem "Quantensprung" und Prof. xxx von "es ist nicht so schlimm wie befürchtet" gesprochen. Ich weiss das dies kein Freifahrtschein ist und sich meine Situation dadurch nicht gänzlich entspannt hat. Dennoch gab und gibt es mir Hoffnung. Die Worte und Gesprächsführung von Prof. xxx hingegen waren dagegen nur negativ, "sehr schwere Situation", "man hat mit ihnen ja ausführlichst gesprochen, steht ja hier", "Hormonbehandlung muss für sehr lange Zeit weiter gehen, wenn ich das nicht will dann kann ich nur noch die Hoden entfernen lassen", "um eine Strahlentherapie komme ich nicht umhin" usw. Und das ganze unter viel Zeitdruck in nur 3 Minuten und dem Wissen das draußen noch weitere (mind. halbes Dutzend) Männer ungeduldig für ein Gespräch anstehen. Die Kernaussage von Prof. xxx mag richtig sein, allerdings habe ich bzgl.dem Punkt Hormonbehandlung und Strahlentherapie in der Klinik andere bzw. keine eindeutig abschliessende Aussagen erhalten. Die Hormonbehandlung sollte ich erstmal für die nächste PSA Ermittlung einstellen. Es gab keinerlei Andeutung das diese Therapie weiter geführt werden muss. Es wurde auch nicht eindeutig von einer Strahlentherapie gesprochen, da erstmal der PSA-Wert nach 6-8 Wochen ermittelt werden soll. Anhand dieses Wertes ist dann zu entscheiden wie die nächste Behandlung aussehen soll. Auch soll dies in einem Tumorboard mit den anderen Experten diskutiert werden. Insofern bin ich schon über die sehr direkte Ansprache von Prof. xxx verwundert. Wie gesagt, mögen diese Aussagen nicht falsch sein, aber sie sind in dieser Situation für mich eher kontra produktiv und von einem Arzt getroffen der mich und meine Vorgeschichte her nicht kennt. Bei Rückfragen meinerseits kommen dann Aussagen wie "ja, das müssen sie (also ich) mit Prof. xxx klären, der hat sie ja operiert. Ich kann dazu nichts sagen". Alles in allem ein überflüssiges und nutzloses Gespräch, im Gegenteil kontra produktiv. Aus diesem Grund wünsche ich mir das die Reha-Klinik Prof. Schedel mit Prof. xxx von der LMU die Sinnhaftigkeit solcher Gespräche überdenken. Für mich muss ich jetzt schauen dies aus dem Kopf zu bekommen, damit ich ein einigermassen entspanntes Weihnachtsfest feiern kann. Das wird mir nicht leicht fallen. Ihnen und ihrem Team möchten ich nach dieser langen Mail natürlich nochmal herzlichst für all das was Sie für uns getan haben danken. Es ist nicht leicht in Worten zu beschreiben wie dankbar dafür sind. Wenn ich mir vorstelle ich würde jetzt mitten in der Chemo stecken und auf eine mögliche OP warten, dann sind wir sowas von froh durch Sie bereits diese OP hinter uns gebracht zu haben. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen persönlich aber auch ihrem tollen Team auf der G4 schöne und besinnliche Feiertage. Wir werden am 8. Januar zur Nachuntersuchung (PSA) in ihrer Klinik sein. Vielleicht laufen wir uns wieder über den Weg. Würde mich sehr freuen. Liebe Grüße Thorsten P.
18. Dezember 2015
Nach dieser zuletzt erwähnten Visite von Prof. xxx aus dem Klinikum Großhadern, habe ich eine Mail an den Chefarzt der Urologischen Abteilung geschickt. Ich sollte ihm sowieso eine Mail über mein allgemeines Befinden schicken. Was folgte war eine tolle Reaktion. Erstmal direkt ein Anruf einer der behandelnden Ärztin, die sich mehr oder weniger für die Situation entschuldigte. Kurz darauf folgte auch noch eine persönliche Antwort per Mail vom Chefarzt. Er versicherte mir nochmal das ich einen Quantensprung hinter mir habe. Ich will keinen Freifahrtschein, diesen gibt es in dieser Situation auch nicht. Aber man muss die Situation auch nicht so gefühls- und taktlos darstellen. Das war unnötig. Also versuche ich das auszublenden und schaue wieder positiv nach vorne.
21. Dezember 2015
Im Nachhinein gingen die drei Wochen doch recht schnell vorbei. Mein Fazit: es war richtig hier gewesen zu sein. Die Beckenbodenübungen hätte ich zwar auch gut zu Hause, mit Unterstützung durch einen ambulanten Kurs, erlernen können. Allerdings tut es gut abzuschalten und das Gesamtpaket zu sehen: Kein Kochen, keine Besorgungen, keine Arztbesuch, kein Stress etc. Das Essen war ok, ich musste kein Hunger leiden. Die Tischnachbarn waren nett. Es gibt natürlich einige Punkte die nicht so toll waren, aber dies ist meckern auf hohem Niveau.
Alles hier vor Ort.
Ärzte, Pfleger und Personal sympathisch.