Die Vorgeschichte

'}}
Meine Schwester

Meine Schwester saß über die Weihnachtsfeiertage 2013 einige male abwesend in ihrem Sessel und genoss die Ruhe und die Sonne. Eher ungewöhnlich für sie sich so zurückzuziehen. Nachdem Sie kurz nach Weihnachten mit ihrer Familie wieder zurück nach Frankfurt fuhr nahm Sie weitere Arztbesuch wahr, um ihre beginnenden Schmerzen im Bauch/Unterleib untersuchen zu lassen. 

Unsere Mutter hatte zu diesem Zeitpunkt bereits große Sorge und drängte auf solche Besuche. Wissend das wir in der Familie speziell vorbelastet sind. Den zeitlichen Ablauf habe ich nicht mehr genau im Kopf, jedoch wurde durch die ersten Untersuchungen recht schnell Krebs diagnostiziert. Aus einer kleinen, recht bodenständigen Familie, sollte sich plötzlich das Leben komplett ändern. Bisher kannten wir solche Probleme nicht. Wir waren im wesentlichen von größeren Krankheiten verschont geblieben. Natürlich gab es die eine oder andere Sache, aber Krebs bei einem direkten Familienmitglied im Alter von 49 Jahren eben noch nicht.

Schon gleich im Februar 2014 wurde meine Schwester operiert. Diese OP dauerte über 6 Stunden. Der Krebs war kindskopfgroß und wog einige Kilos. Die Aussichten waren gut, so konnten wir es damals zumindest wahrnehmen. Meine Schwester sprach bereits von Reha und das Sie ab Spätsommer/Herbst wieder arbeiten will. Leider wendete sich das Blatt schnell und es wurden weitere Ablagerungen im Körper gefunden. Daraufhin wurde der Ansatz der bereits laufenden Chemotherapie geändert. Diese war, wie sich kurz danach rausstellte, leider auch nicht erfolgreich.

Die stetige Verschlechterung ihres Zustands führte im Herbst dazu das Sie ihre Beine nicht mehr bewegen konnte. Sie wurde Querschnitts gelähmt. Dieser Umstand verschlechterte ihre mentale Verfassung erheblich, da Sie schon von klein auf immer die Quirlige von uns war, die nie ruhig sitzen konnte. Bewegung war ihr Motto. Also quälte Sie sich entsprechend mit diesem Umstand.

Ein Ziel war ihr 50. Geburtstag im Januar 2015. Die ganze Familie aus allen Ecken Deutschlands kam. Ein schönes Wiedersehen, im Rahmen einer sehr traurigen Angelegenheit. Für die meisten aus der Familie auch die letzte Möglichkeit meine Schwester lebend zu sehen.

Kurz nach ihrem Geburtstag im Januar 2015 kam Sie dann auf die Palliativstation. Eigentlich nur für eine kurze Zeit geplant, da ihr Ehemann angeblich auf Geschäftsreise musste. Diese trat er allerdings nie an. Leider verschlechterte sich ihr Zustand zunehmends, so dass Sie ihren großen Wunsch nochmal nach Hause zu kommen, nicht mehr erleben durfte. Es war dann im Februar 2015 als Sie uns alle in Anwesenheit ihres Ehemanns und beider Kinder verließ.

'}}
Mein Dad

Der Schock saß noch tief, die Trauer nicht verkraftet, als sich die ersten Probleme bei meinem Dad zeigten. Dies waren sicherlich nicht die ersten Anzeichen, aber durch die Erkrankung und den Krankheitsverlauf meiner Schwester, nahmen wir diese Anzeichen nicht rechtzeitig wahr, sondern erklärten uns diese mit dem gerade erst erlebten. 

Meine Eltern besuchten uns dann im April 2015. Wir merkten das es meinem Dad zunehmend schwer fiel seine Füße beim laufen zu heben. Auch war er ständig müde. Beim Autofahren wurde uns deutlich das er Situationen nicht mehr richtig einschätzen konnten. Dennoch fuhr er die ganze Strecke nach Stuttgart eigenständig nach Hause. Meine Mutter saß mit großer Anspannung neben ihm.

Was wir dann erleben durften war eine ähnliche Abfolge wie wir sie schon kurz zuvor erleben mussten, nur eben im Schnelldurchlauf. Allerdings gab es in diesem Fall bereits nach der ersten Diagnose keine Hoffnung mehr auf Heilung, sondern die Aussichten waren von vornherein nicht gut. Es war nur eine Frage der Zeit, und die Zeit raste. Wir konnten, anfangs wöchentlich, dann täglich eine Verschlechterung seines Gesundheitszustand wahrnehmen. Dies führte im Mai 2015 dazu, das er bettlägrig wurde und zu Hause durch eine Pflegestation versorgt wurde. Kurze Zeit später mussten wir dann aber auch schon die Hilfe der Palliativstation in Anspruch nehmen. So versorgten wir ihn dann mit all unser Kraft und mit toller Unterstützung des Pflege- und Palliativteams zu Hause und taten alles in unserer Macht stehende um ihn die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten. So verließ er uns, im Beisein meiner Mutter und mir, am 30. Juni 2015

'}}
Ich

Nach dieser ganzen Vorgeschichte war es wieder an der Zeit in ein einigermaßen normales und geregeltes Leben zurück zu kehren. Was natürlich nicht leicht fiel, wir aber erstmal doch mehr oder weniger hin bekamen. 

Ich fühlte mich im Reinen, da wir alles im Sinne meines Dads gemacht haben. Dadurch kamen mir nicht im geringsten Zweifel auf etwas vergessen oder gar falsch gemacht zu haben. Es klingt komisch, aber ich war stolz auf das was wir und wie wir es gemacht haben. Und das tut gut. Belegt durch sehr viel Zustimmung von außen.

Das war bei meiner Schwester leider nicht ganz der Fall. Hier mache ich mir heute noch Gedanken zu bestimmten Abläufen und Situationen. Dabei kommen mir immer wieder die Gedanken, hätte ich doch nur gewisse Dinge so gemacht oder auch so gesagt bzw gefragt. Daraus habe ich gelernt und deshalb sehr genau darauf geachtet alle offenen Fragen und Probleme mit meinem Dad direkt anzusprechen und darauf zu achten seine Wünsche zu respektieren und umzusetzen. Nicht nur während der letzten Zeit mit ihm, sondern auch nach der Zeit ohne ihn.

Auch das hilft mir in meiner jetzigen Situation. Schließlich gibt es nichts zu beschönigen und die Wahrheit ist, auch wenn sie schmerzt, einfach nur die Wahrheit – ein Fakt der nicht geleugnet werden kann. Unwahrheiten oder Unklarheiten helfen vielleicht kurzfristig, aber erschweren das weitere Leben, wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Wie dem auch sei, nun ist es so kommen, dass auch bei mir ein Karzinom diagnostiziert wurde. Ich halte nun den Verlauf, meine Erfahrungen und Gedanken in Form eines Blogs fest.