1. Oktober 2015
Nach dieser ganzen Vorgeschichte war es wieder an der Zeit in ein einigermaßen normales und geregeltes Leben zurück zu kehren. Was natürlich nicht leicht fiel, wir aber erstmal doch mehr oder weniger hin bekamen.
Ich fühlte mich im Reinen, da wir alles im Sinne meines Dads gemacht haben. Dadurch kamen mir nicht im geringsten Zweifel auf etwas vergessen oder gar falsch gemacht zu haben. Es klingt komisch, aber ich war stolz auf das was wir und wie wir es gemacht haben. Und das tut gut. Belegt durch sehr viel Zustimmung von außen.
Das war bei meiner Schwester leider nicht ganz der Fall. Hier mache ich mir heute noch Gedanken zu bestimmten Abläufen und Situationen. Dabei kommen mir immer wieder die Gedanken, hätte ich doch nur gewisse Dinge so gemacht oder auch so gesagt bzw gefragt. Daraus habe ich gelernt und deshalb sehr genau darauf geachtet alle offenen Fragen und Probleme mit meinem Dad direkt anzusprechen und darauf zu achten seine Wünsche zu respektieren und umzusetzen. Nicht nur während der letzten Zeit mit ihm, sondern auch nach der Zeit ohne ihn.
Auch das hilft mir in meiner jetzigen Situation. Schließlich gibt es nichts zu beschönigen und die Wahrheit ist, auch wenn sie schmerzt, einfach nur die Wahrheit – ein Fakt der nicht geleugnet werden kann. Unwahrheiten oder Unklarheiten helfen vielleicht kurzfristig, aber erschweren das weitere Leben, wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Wie dem auch sei, nun ist es so kommen, dass auch bei mir ein Karzinom diagnostiziert wurde. Ich halte nun den Verlauf, meine Erfahrungen und Gedanken in Form eines Blogs fest.
Relevante Themen:
23. Oktober 2015
Nachdem mein Urologe mich nicht sofort am Telefon erreichte, verschickte er gleich noch einen Brief, damit er einen zügigen Rückruf meinerseits sicherstellen konnte.
Angerufen, Termin ausgemacht.
Im Gespräch offenbarte er mir das Ergebnis. Es ist ein bösartiger Krebs. Alle 10 von 10 Gewebeentnahmen waren positiv. Einstufung: Gleason 10. Höchster Wert - also äusserst aggressiv.
Stimmung natürlich im Keller. Beim verlassen der Praxis bzw. bei der Heimfahrt kamen mir natürlich die Tränen und alle möglichen Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Der Urologe hat mir aber auch gleich einen Fahrplan für weitere Untersuchungen aufgestellt. Es umfasste eine Knochenszintigraphie und ein PET/MRT.
Das beschäftigte mich und lenkte mich ein wenig ab von den negativen Gedanken.
Für das PET/MRT teilte mir der Arzt mit das es eine längere Wartezeit (3-4 Wochen) gibt. Er hat mich deshalb bereits in der Klinik Rechts der Isar angemeldet hat. Er hat auch schon gleich einen Termin für ein Gespräch vereinbart, so dass ich einfach schneller dort sichtbar werde und sich so hoffentlich die Wartezeit verkürzt.
Für die Knochenszintigraphie erhielt ich eine Anschrift für eine Radiologie ganz in der Nähe. Gleich angerufen und aufgrund einer Absage eines anderen Patienten umgehend für den folgenden Dienstag einen Termin erhalten.
Relevante Themen:
30. Oktober 2015
Wir waren, wie bereits lange geplant, am folgenden Wochenende in Stuttgart. Ein Heimspiel des VfB war der Anlass!
Aber es quälte uns natürlich die Frage wann und wie teilen wir es meiner Mutter mit?
Nach all den Schicksalsschläge fiel es mir wahnsinnig schwer es ihr zu sagen.
Da meine Mutter uns in zwei Wochen für eine Woche besuchen wird, entschieden wir uns es ihr erst dann zu sagen. Wir glauben dies ist die richtige Entscheidung. So können wir ihr die schlechte Nachrichten mitteilen und mit ihr gleich ein paar Tage verbringen und die Sache gemeinsam verarbeiten.
Relevante Themen:
29. November 2015
Ich erhole mich gut von der OP. Ich kann schon einigermaßen laufen. Schwach ja, aber keine Schmerzen.
Alle Personen in der Klinik sind super nett und helfen mir sehr gut.
Seit Freitag bin ich auch allein im Zimmer. Auch wenn ich dadurch nicht besser schlafe, ist es so doch schon viel angenehmer.
Die Stimmung direkt nach der OP war fast schon euphorisch, weil der Tumor einfach mal draußen ist. Damit einhergehend die große Hoffnung, das es damit vielleicht auch gut ist.
Als aber meinem Zimmer Kollegen vom Oberarzt sein Befund erläutert wurde und man ihm mit einem PSA-Wert von 30 und einem Gleason Score 8 bei einer OP eine Heilung in Aussicht stellte, war meine Ernüchterung riesig. Die Worte Heilung fielen bei mir bisher nicht.
Am Montag sollen die pathologischen Ergebnisse kommen, dann wissen wir hoffentlich mehr.
Relevante Themen:
9. Dezember 2015
Ist einfacher als gesagt. Die Inkontinenz ist einfach das größte Problem. Sonst ist alles gut, die Wunde verheilt gut, die Schmerzen werden weniger. Aber das ständige auslaufen ist schon eine sehr starke psychische Belastung.
Den Mut nicht zu verlieren ist nicht einfach. Die Verzweiflung wenn du mal wieder merkst das du ausläufst ist riesig.
Zumal wenn du gerade auf dem Klo warst und dann umgehend bei der nächsten Bewegung wieder etwas kommen spürst.
Ich fang schon an weniger zu trinken, in der Hoffnung das ich dann weniger auslaufe. Pustekuchen, es kommt trotzdem immer wieder was.
Als ich die Ultraschall-Untersuchung hatte, meinte der Arzt: "Schön, die Blase ist leer". Toll dachte ich. Als ich danach aber aufstand, lief schon wieder was in die Einlage 🙁
Insofern auch schwierig vorstellbar wie ich irgendwann den beruflichen Alltag meistern kann. Allein die Vorstellung einen Vortrag vor versammelter Gesellschaft halten zu müssen und es läuft unkontrolliert in die Einlage. Auch wenn es keiner merkt, aber du fühlst dich dabei einfach nicht gut.
Manchmal dauert es bis zu einem Jahr bis die vollständige Kontrolle über die Blase erzielt wird. Was für eine lange Zeit!
Relevante Themen: