Wichtige Informationen rund um das Thema Prostatakrebs. Vieles geht in der Emotionalität der Diagnosen, den Behandlungen und des täglichen Lebens unter, weshalb ich aus meiner Sicht wichtige Punkte hier zusammenfasse.
1. Februar 2018
Ich habe neulich folgenden Artikel ("Prostatakrebs ist kein Todesurteil" - Siehe unten) entdeckt und bin mal wieder stinksauer wie Prostatakrebs in diesem Artikel, vorallem im ersten Absatz, verharmlost wird.
Ja es stimmt, die meisten Männer sterben mit und nicht am Prostatakrebs. Aber es sterben welche daran, und das leider nicht zu wenige.
Selbst die die es überleben, müssen körperliche und psychische Probleme (zb durch Inkontinenz und Impotenz) meistern, die sich manch einer nicht vorstellen kann. Das Ganze leider auch in jungen Jahren.
Ganz zu schweigen wenn es dich richtig hart erwischt. Prostatakrebs ist da kein bisschen anders als jeder andere Krebs.
Liest ein unwissender Mann diesen Artikel, dann fühlt er sich bestätigt in seiner Annahme das es eh nur die älteren Männer trifft und wenn es mich doch erwischt dann ist es ja harmlos.
Wie soll die Vorsorge sich so in die Köpfe der Männer festsetzen?
Hier der Artikel
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4. Februar 2018
Ob folgende Aussage wirklich stimmt weiß ich nicht, denn meine Krankenkasse hat mich nie über Früherkennungsmaßnahmen informiert.
Seit dem 1. Januar 2008 sind die Krankenkassen außerdem dazu verpflichtet, ihre Versicherten zu Beginn eines Kalenderjahres über Früherkennungsmaßnahmen zu informieren.
Folgender Überblick zeigt welche Früherkennung wann empfohlen wird:
Liegt allerdings bereits ein Krebsfall in der Familie vor, so ist eine noch frühere Vorsorgeuntersuchung durchaus sinnvoll.
Besser selber aktiv werden, statt auf Unterstützung von außen (Krankenkasse, Arzt) zu warten. Hier spreche ich aus eigener Erfahrung.
Unser Gesundheitssystem funktioniert im grossen und ganzen, aber leider gehört die aktive und ausreichende Steuerung von Früherkennungsmaßnahmen nicht wirklich dazu!
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9. September 2018
Jetzt habe ich das Ergebnis der Gendiagnostik: keine Nachweisbarkeit eines genetisch veranlagten Prostatakarzinoms.
Das ist schon mal sehr gut, da mein Sohn jetzt nur ein "normal" erhöhtes (doppeltes) Risiko hat, um selbst an Prostatakrebs zu erkranken. Die Leitlinie besagt in diesem Fall das mein Sohn mit einer ersten Untersuchung 10 Jahre vor meiner Erstdiagnose beginnen sollte, also mit 39 Jahren. Dies wäre dann 6 Jahre früher als der Regelfall. Wobei diese Untersuchung (PSA-Wert, Ultraschall und Tastuntersuchung) im 1-jährlichem Turnus angeraten wird.
Gendiagnostik
Bislang sind allerdings nur 5(!) Gene bekannt, die mit erblicher Disposition für Prostatakarzinom assoziiert sind.
CHECK2, TP53, HOXB13
Veränderungen (Mutationen) in diesen Genen werden mit erhöhtem Risiko für Prostatakarzinom in Verbindung gebracht.
BRCA1, BRCA2
Prostatakarzinome kommen darüber hinaus mit erhöhtem Risiko auch im Rahmen anderer Tumordispositions-Syndrome gehäuft vor. Bekannt ist hierbei v.a. der erbliche Brust- und Eierstockkrebs aufgrund einer Mutation im BRCA1 und BRCA2-Gen. Das bedeutet bei männlichen BRCA1/2-Anlagenträger liegt gegenüber anderen Männen ein 3-4 fach erhöhtes Erkrankungsrisiko vor. Zudem tragen weibliche und männliche Anlageträger hier zudem leichter erhöhte Risiken für weitere Tumore (zb Hautkrebs).
Wichtig ist hierbei zu wissen das die Vererbung einer BRCA1/2 Anlagenträgerschaft geschlechtsunabhängig ist, dh für Söhne und Töchter eines Betroffenen besteht ein 50%iges Anlegerträgerrisiko.
Einfacher formuliert: bei Brust- oder Eierstockkrebs einer Mutter, liegt ein erhöhtes Risiko eines Prostatakarzinoms beim Sohn vor, sofern die Anlagenträgerschaft vererbt wurde.
Familiäre Wiederholungsrisiken
Zusammengefasst ergeben sich folgende Erkrankungsrisiken:
1.
Ist der Vater erkrankt, ist das Erkrankungsrisiko für einen Sohn gegenüber der Durchschnittsbevölkerung etwa verdoppelt.
2.
Ist ein Bruder betroffen ist das Erkrankungsrisiko etwa 3 fach erhöht.
3.
Bei zwei betroffenen erstgradigen Verwandten (zB Vater und Bruder) liegt ein bei bis zu 5 fach erhöhtes Erkrankungsrisiko vor
4.
Bei männlicher Anlegerträgerschaft von BRCA1/2 liegt ein 3-4 fach erhöhtes Erkrankungsrisiko vor
Abschließende Beurteilung
Bei mir konnte wie bereits erwähnt eine durch ein einzelnes Gen erblich bedingte Neigung zu Prostatakarzinom nicht belegt werden!
Aber dies bedeutet nur das die Ursache einer primär erblichen Tumorneigung deutlich weniger wahrscheinlich ist. Eine erbliche Tumorneigung kann hierdurch aber auch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Das liegt daran das - stand heute - durch die genetische Diagnostik nicht alle möglichen genetischen Ursachen erfasst werden können. So wie ich es verstanden habe ist das Wissen über genetische Ursachen beim Prostatakarzinom, im Vergleich zu anderen Karzinomen, leider noch nicht so weit.
Sollte in Zukunft weitere genetische Ursachen erforscht werden, kann ich den Gentest jedoch jederzeit wiederholen.
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28. Oktober 2019
Nun sind vier Jahre rum seit der OP. Vier Jahre um sich mit den Nebenwirkungen der OP auseinanderzusetzen und letztendlich zu arrangieren.
I² steht für Inkontinenz und Impotenz. Zwei der wesentlichen Auswirkungen einer radikalen Prostataektomie.
Ich habe lange gewartet und vor allem gehofft, dass sich die Inkontinenz durch Fleiß und Schweiß mit Beckenbodentraining regeln lässt. Aber diese Hoffnung war vergebens. Also musste ein künstlicher Schließmuskel her. Einmal implantiert dauerte es eine ganze Weile bis ich mich damit arrangieren konnte. Inzwischen aber ist das mit dem Sphinkter eine runde Sache, obwohl sich das Implantat natürlich immer noch komisch anfühlt, da wo es sich befindet.
Bei einer radikalen Prostataektomie kann manchmal nicht nervenschonend operiert werden. Dies führt zur vollständigen Impotenz, also der Unfähigkeit einer Erektion. Zwar gibt es hierfür ebenfalls ein Implantat. Aber sich das neben dem Sphinkter zusätzlich zu implantieren führt mich ohne Umschweife zum Gefühl Robocop zu sein.
Spaß beiseite.
Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Was letztendlich aber dazu führt, das ich diesen Zustand für den Rest meines Lebens akzeptieren muss und vorallem lernen muss mit der Situation umzugehen. Das gilt natürlich nicht nur für mich, sondern auch für meine Frau, die selbst direkt zu spüren bekommt was das bedeutet. Andere Menschen in meinem Umfeld mögen diesen Umstand ebenfalls spüren, wenn auch nur indirekt, weil mein Verhalten sich sicherlich verändert hat, so bin ich kaum mehr Gesellschaftsfähig. Mich interessieren andere Menschen kaum, vorallem nicht die, die sich während meiner Diagnose, Behandlung und Nachsorge null gekümmert haben. Da kappe ich die Verbindungen, weil es mir einfach nicht mehr wichtig ist bzw ich mich nicht mehr aufreiben will wegen dem Verhalten anderer Menschen. Wobei das sicherlich nicht zwingend mit der Impotenz zu tun hat, sondern mit der Erkrankung und Erfahrung ganz allgemein.
Aber das alles hat letztendlich natürlich unmittelbar Auswirkung auf meine Psyche. Meine Konzentration fokussiert sich daher auf andere Dinge die ich gerne mache, zb Motorradfahren und den wenigen Menschen und Tiere die ich gerne um mich habe, die mir wichtig sind und für dich alles unternehmen werden, auch wenn ich manches mal nicht die Kraft habe.
Am Ende bin noch auf die Langzeitauswirkungen der Impotenz gespannt. Schlussendlich sind es erst vier Jahre und ich hoffe es folgen noch viele. Keine Ahnung ob ich mich weiter in eine noch extremere Gefühlslage und Gedankenwelt bewege...
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4. Mai 2020
Die Blockfrist ist die Dauer in der kein Krankengeld mehr für die gleiche Erkrankung gezahlt wird, sofern bereits für 78 Wochen das Krankengeld bezogen wurde.
Das heißt man kriegt in 3 Jahren nur 78 Wochen Krankengeldes für dieselbe Krankheit gezahlt. Hat man diese aufgebraucht, muss sich der Betroffene über andere Wege, zb der Erwerbsunfähigkeit (Berufsunfähigkeit), absichern.
Nach 3 Jahren zurück in der Arbeitswelt erneuert sich dann der Anspruch auf Krankengeld für dieselbe Erkrankung.
Diesen Punkt, ein wichtiger Meilenstein, habe ich jetzt erreicht. Soziale Absicherung ist ein wichtiges Thema in der Phase einer schweren Erkrankung. Wer will schon sozial abrutschen und Kredite nicht mehr bedienen können. In der Phase der Covid-Pandemie erleben gerade sehr viele Menschen dieses Problem und stehen vor schwierigen Situationen. Gleichzeitig vor finanziellen und gesundheitlichen Probleme zu stehen, bedeutet eine extreme Situation.
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17. Juli 2023
»HNPCC kann im Magen entstehen, im Dünndarm, im Dickdarm, im Nierenbecken, in den Harnleitern, in der Gebärmutterschleimhaut, in den Eierstöcken, in der Haut und selten auch im Gehirn. Zudem besteht bei HNPCC-Patienten ein erhöhtes Risiko für das zeitgleiche Auftreten weiterer Krebserkrankungen«
Also kein Zuckerschlecken. Hat ein Elternteil diesen Gendefekt, dann besteht für die Nachkommen eine 50%ige Wahrscheinlichkeit diesen Defekt ebenfalls zu erben.
Durch einen Gentest (Blutuntersuchung) kann bestimmt werden ob eine Person davon betroffen ist oder nicht. Ist dieser negativ, kann man das Kapitel für immer schließen. Ist dieser jedoch positiv, dann sollte man achtsam sein und Vorsorge betreiben (jährliche Endoskopie).
Wird dies aber ignoriert, sind die Folgen sehr wahrscheinlich dramatischer. Hätte ich genau so gehandelt, wäre der Verlauf ein sicherlich anderer gewesen - ob mit Todesfolge ist Spekulation, aber wahrscheinlicher. Ziemlich sicher aber mit erheblichen Folgen und Nebenwirkungen, wie Entfernung des kompletten Dickdarms, Stoma, etc.
Ich kann nur jedem empfehlen dem ein solches Risiko bekannt ist, aktiv zu werden. Wir haben in unserer Familie leider schon einige Krebserkrankungen mit und ohne Todesfolge erlebt. 4 von 7 Fällen sind mit hoher Sicherheit auf diesen Gendefekt zurückzuführen.
Ein Gastronoentorologe meinte einmal: "Herr Pilpin, dieser erblich bedingter Tumor ist aggressiv. Selbst bei einer regelmäßigen 12 monatigen Untersuchung, kann der Tumor so fortgeschritten sein, dass bei Diagnose bereits eine Streuung vorliegt".
Dieses "Erbe" kannst du nicht ausschlagen, somit ist Ignoranz und Verdrängung mehr als fahrlässig. Lieber Vorsorge als unter Umständen schwere Verläufe nach zu spät erfolgter Diagnostik.
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