Eine äußerst unangenehme Nebenwirkung einer Prostataektomie.
Zwar hat ein Mann, im Gegensatz zu einer Frau, gleich zwei Schließmuskeln, aber durch die Entfernung der Prostata, wird leider auch der „Haupt“schließmuskel mit entfernt, denn dieser steckt sozusagen in der Prostata. Der zweite Schließmuskel ist in den meisten Fällen untrainiert. Mehr oder weniger unbewusst wird dieser bei manchen Männern, z.B. durchs Reiten, aufgebaut.
Dennoch besteht die Möglichkeit diesen zweiten Schließmuskel durch Beckenbodentraining aufzubauen, um die Inkontinenz nach der OP wieder in den Griff zu bekommen.
Allerdings verursachte bei mir die anschließende Bestrahlung, eine Schwächung dieses zweiten Schließmuskels, so das ich durch Muskelaufbau diesen Muskel nicht mehr entscheidend aktivieren konnte
30. November 2015
Heute ist ein guter Tag.
Zum ersten wurde mir nach erfolgreicher Dichtigkeitsprüfung der Katheter entfernt.
Auch wenn ich vorerst einmal Einlagen oder besser noch Windeln tragen muss, ist dies ein riesiger Schritt. Zumal ich nun morgen die Klinik verlassen darf.
Zum zweiten habe ich eine Zusage für einen Reha Platz meiner Wahl kurzfristig bekommen. Mit der Möglichkeit das ich Weihnachten zu Hause feiern darf.
Zum dritten kam der Befund. Und es sieht gut aus. Nichts abschließendes zu sagen, aber der Oberarzt ist zuversichtlich. Es wurden 28 Lymphknoten entnommen. (Nur) zwei waren positiv. Die Prostata liess sich gut vom Rektum entfernen. Wie es weitergeht wird sich Anfang Januar zeigen. Dann wird der PSA-Wert gemessen. Sollte er Null sein, dann muss weiter engmaschig überwacht werden. Ist der Wert nicht Null, dann muss entschieden werden wie weiter behandelt wird. Vermutlich Strahlentherapie. Aber das sehen wir dann. Jetzt können wir den Moment erstmal geniessen, ohne euphorisch zu sein.
Relevante Themen:
3. Dezember 2015
Heute geht es zu einer 3-wöchigen Reha in die Nähe von Passau.
Einerseits sinnvoll, andererseits fällt es mir verdammt schwer die Familie gleich wieder zu verlassen. Ist doch sooo schön und gemütlich zu Hause!
Denn momentan weiß ich nicht, wie das jemals wieder klappen soll. Werde ich wieder zu 100% trocken oder nicht?
Insofern ist eine Anleitung wie ich mit der Situation allgemein und mit der Inkontinenz im konkreten umzugehen habe, durchaus sinnvoll und hilfreich.
Aber so ganz wohl fühle ich mich nicht.
Relevante Themen:
4. Dezember 2015
Hm, alles so wie ich mir eine Reha vorgestellt habe. Aber ich will es durchziehen und möglichst viel mitnehmen.
Das Hauptproblem ist weiterhin die Inkontinenz und ich kann es mir derzeit einfach nicht vorstellen, wie ich dies jemals wieder in den Griff kriegen kann. Natürlich geben mir viele Personen die Zuversicht das es klappen wird. Es kann halt nur einige Monate dauern bis die entsprechenden Muskeln aufgebaut sind.
Die Reha Klinik sonst ist OK. Klinik halt und alles durchgetaktet. Typisch deutsch halt.
Im Speisesaal fühlt man sich ein bisschen wie in einem Hotel auf Malle. Kaum geht die Tür auf und die Leute strömen rein. Es fehlen nur die Handtücher! Überhaupt nicht meine Welt.
Als Neuling bekommt man eine Einführung in den Speisesaal und darf deshalb ein paar Minuten früher rein. Insofern bin ich auf dem Bild kurz allein. Besinnliche Ruhe bevor die Masse herein stürmt und sich aufs Essen stürzt.
Relevante Themen:
9. Dezember 2015
Ist einfacher als gesagt. Die Inkontinenz ist einfach das größte Problem. Sonst ist alles gut, die Wunde verheilt gut, die Schmerzen werden weniger. Aber das ständige auslaufen ist schon eine sehr starke psychische Belastung.
Den Mut nicht zu verlieren ist nicht einfach. Die Verzweiflung wenn du mal wieder merkst das du ausläufst ist riesig.
Zumal wenn du gerade auf dem Klo warst und dann umgehend bei der nächsten Bewegung wieder etwas kommen spürst.
Ich fang schon an weniger zu trinken, in der Hoffnung das ich dann weniger auslaufe. Pustekuchen, es kommt trotzdem immer wieder was.
Als ich die Ultraschall-Untersuchung hatte, meinte der Arzt: "Schön, die Blase ist leer". Toll dachte ich. Als ich danach aber aufstand, lief schon wieder was in die Einlage 🙁
Insofern auch schwierig vorstellbar wie ich irgendwann den beruflichen Alltag meistern kann. Allein die Vorstellung einen Vortrag vor versammelter Gesellschaft halten zu müssen und es läuft unkontrolliert in die Einlage. Auch wenn es keiner merkt, aber du fühlst dich dabei einfach nicht gut.
Manchmal dauert es bis zu einem Jahr bis die vollständige Kontrolle über die Blase erzielt wird. Was für eine lange Zeit!
Relevante Themen:
19. Dezember 2015
Ich denke die Dichtigkeit wird besser, obwohl ich noch unkontrollierte Abgänge habe.
Inzwischen habe ich die nächste Stufe erreicht: angekommen mit einer Windel, trage ich jetzt nur noch Einlagen. Und bei den Einlagen konnte ich auch schone "reduzieren". Zwar erstmal nur versuchsweise und nur tagsüber, aber immerhin.
Das Gefühl ist schon angenehmer als die Windel oder die sogenannten "Schiffchen".
Relevante Themen:
31. Dezember 2015
Jetzt bekomme ich für die benötigten Inkontinenzmittel also ein Rezept.
Die Krankenkasse stellt für das Rezept rund €22 pro Monat zur Verfügung. Egal wie stark die Inkontinenz ist.
In meinem Fall sind das rund zwei Packungen mit je 20 Einlagen, also 40 Einlagen pro Monat. Das heisst ich kann pro Tag 1-2 Einlagen verbrauchen. Bei meinem derzeitigen Verbrauch von 4-5 Einlagen reicht mir die Menge nicht mal für einen halben Monat.
Oder anders mein Quartalsrezept reicht mir gerade mal für einen Monat!!!
Nicht so schlimm, immerhin gibt es eine Zuzahlung.
Das verkorkste an der Sache ist folgendes: für das Rezept und die Menge muss ich € 20 zuzahlen (€ 2,20 Zuzahlungen pro Monat + € 13 weil über Budget). D.h. bei 120 Stück sind das € 0,17 pro Einlage für mich.
Parallel habe ich mir über Amazon zusätzlich noch Einlagen bestellt, da mir die Menge über das Rezept wie gesagt nicht reicht.
Dafür bezahle ich für 180 Einlagen € 29,99.
Pro Einlage also auch € 0,17.
Warum der ganze Mist mit dem Rezept? Über Amazon wird es mir immerhin noch vor die Haustür geliefert.
Und man darf nicht vergessen das die Krankenkasse auch noch einen gewissen Betrag auf die Einlagen drauf zahlt, so dass am Ende nur der Hersteller profitiert, nicht aber der Patient um den es geht.
Relevante Themen:
4. August 2016
Die Inkontinenz ist derzeit mein Hauptproblem. Leider hat sich dies seit der Bestrahlung inkl. dem Katheter und der Anastomosenstriktur-OP deutlich verschlechtert. Zur Zeit ist es so das ich zwar den Harndrang oft spüre, aber meistens zu spät und dann ist anhalten nicht mehr möglich. Somit sind die verwendeten Einlagen auch immer voll. Manchmal so voll, das sie überlaufen. Unangenehm wenn man in dieser Situation unterwegs ist, denn dann muss auch mal in der Öffentlichkeit schnell die Einlage gewechselt werden. Die sommerlichen Verhältnisse erschweren die Situation, bzw. machen es nicht angenehmer. So habe ich halt ständig Urin in der Hose / am Körper, und dies entwickelt natürlich auch Gerüche. Dies ist nicht nur für mich unangenehm, sondern u.U. auch für meine Mitmenschen. Das einzig gute an der Sache ist, das es zwar unangenehm ist, es aber keine Schmerzen verursacht. Insofern jammern auf hohen Niveau.
Heute hatte ich meine erste Einzelstunde zur Inkontinenz. Statt einer weiteren drei wöchigen Reha (wurde mir per Eilverfahren der Deutschen Rentenversicherung genehmigt) habe ich mich für die Einzeltherapie entschieden. Auch wenn es die Krankenkasse nicht bezahlt, halte ich das für den besseren Weg.
Und ich bin voll bestätigt worden. Bereits nach nur einer Stunde habe ich viel mehr mitgenommen als nach der drei wöchigen Reha letztes Jahr. Viel persönlichere und detailliertere Anweisungen und Anleitung erhalten. Damals auf der Reha gab es nur eine Gruppentherapie ohne eine individuelle Einführung. Zwar gab es einen Einzeltermin, aber dieser fand erst in der letzten Woche der Reha statt. Wäre sinnvoll diesen gleich am Anfang zu haben. Dennoch war die Reha hilfreich, da ich mich in den drei Wochen gesamtheitlich von der OP erholen konnte. Jedoch allein das BBT (Becken-Boden-Training) betrachtet, hinterlässt diese Einzelstunde einen besseren Eindruck. Insofern aus meiner Sicht sinnvoll die Reha zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu wiederholen.
Ich soll zwar mit den BBT Übungen weitermachen. Aber anscheinend hilft in meinem Fall am Ende sowieso nur eine Elektrotherapie (rektale Elektrostimulation). Da meine Nerven im Bereich der Blase stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, kann ich vermutlich soviel BBT machen wie ich will, dicht werde ich damit wohl nicht.
Eine solche Elektrotherapie kann für 3 bis 9 Monate als Heimanwendung durchgeführt werden, so dass ich nicht alle zwei Tage zur Therapie reinfahren muss. Sollte sich allerdings nach 3 Monaten keine Verbesserung einstellen, dann wird auch diese Therapie bei weiterer Anwendung nicht zum Erfolg führen. In diesem Fall gibt es wohl "nur" noch die Möglichkeit eines operativen Eingriffs (Sphinkter), um die Inkontinenz in den Griff zu bekommen.
Wie diese Elektrotherapie genau funktioniert, werde ich berichten sobald ich diese anwende. Allerdings wurde mir schon angedeutet das diese anfangs etwas unangenehm sein wird und ich mich erstmal daran gewöhnen muss. Naja, ich habe schon viele unangenehme Situationen in den letzten 9 Monate ertragen müssen, dann kriege ich das auch hin!
Relevante Themen:
28. September 2016
Jetzt habe ich also wieder ein neues technischen Spielzeug. Wobei ich mich auf die VR Brille für die PlayStation deutlich mehr freue als auf das Elektrostimulationsgerät gegen Inkontinenz. Klingt auch schon mal gar nicht sexy. Ist es auch nicht.
Heute habe ich also die Einweisung und Einführung (wörtlich!) erhalten. Muss ja nicht erwähnen das es nicht besonders angenehm war.
Für die nächsten 3 Monate darf ich mir jetzt täglich (sofern möglich) die Sonde rektal einführen und mir so die Elektrostösse verpassen. Eine Anwendung dauert 10 Minuten.
Getestet wurden heute Stromstösse bis zu 6 mA. Das war schon deutlich spürbar und mehr als nur ein Kribbeln! Maximal können 24 mA eingestellt werden. Es kam natürlich der Hinweis das möglichst keine Katze oder Kleinkind mit dem Gerät während der Behandlung spielen sollte. Ansonsten, Autsch und mein Hintern ist so rot wie der von einem Pavian!
Ab morgen geht es dann los.
Relevante Themen:
17. Oktober 2016
Letzten Freitag auf einen spontanen Besuch beim Arbeitgeber vorbei geschaut.
Schön war es alte Gesichter wieder zu sehen und den sozialen Kontakt zu spüren. Aber auch interessant die unterschiedlichen Reaktionen der Kollegen zu erleben. Einige sehr einfühlsam und interessiert, andere wiederum distanziert und nur über sich und den Job erzählend. Aber man kennt sie ja, aber dennoch verwunderlich zT keinerlei Fragen zum eigenen Wohlbefinden zu erhalten.
Zudem wurde mir von Kollegen öfters die Frage gestellt "Wann kommst du denn wieder?". Nun, das ist momentan nicht unbedingt einer meiner wichtigsten Fragen.
Allerdings wird dies sicherlich bald eine zentrale Frage werden. Ich wurde diese Woche bereits wieder einmal von meiner Krankenkasse angerufen. Sie wollten wissen welche Fortschritte ich mit der Elektrotherapie mache. Beim Hausarzt wurde ich am Freitag ebenfalls darauf hingewiesen mir zu überlegen wie es weiter gehen soll.
Gute Frage, aber ich weiß es nicht. Ich weiß nur bzw merke jetzt wie schwach ich noch vor einigen Wochen/Monaten war. Wie weit aber bin ich jetzt? 70, 80, 90% Prozent. Keine Ahnung.
Bin ich dem Druck der Arbeitswelt gewachsen? Auch wenn ich körperlich irgendwann soweit bin, ist meine Psyche überhaupt soweit?
Viele Fragen, aber keine Antworten.
Was ich aber weiß ist das es heute noch nicht geht. Unter anderem würde ich es heute noch nicht ins Büro schaffen ohne die Einlage einmal zu wechseln. Nur wo soll ich es tun wenn es notwendig wird? In der S-Bahn, auf dem Bürgersteig, irgendwo im Gebüsch?
Überhaupt das Gefühl ständig im Urin zu sitzen und dann Meetings abzuhalten, Vorträge zu halten und man merkt wie es läuft. Die Angst zu haben das es ausläuft und das vor anderen. Wie soll ich dann die Leistung bringen wie früher? Wie soll das gehen? Ich weiß es nicht.
Äußerlich ist mir nicht viel anzumerken, insofern verstehe ich die Irritation einiger wenn ich sage "Ich weiß es nicht". Aber keiner sieht die inneren Schmerzen, die Ungewissheit, die Angst vor der Zukunft. Wann heilen diese Wunden? Ich weiß es nicht.
Relevante Themen:
19. Oktober 2016
Seit ein paar Wochen häuft es sich das ich die Nacht wieder durchschlafen kann. Ob es an der Elektrotherapie liegt kann ich nicht sagen, weil es kurz vor der Therapie schon ab und zu mal vorkam.
Zuvor musste ich, seitdem der Katheter entfernt wurde, jede Nacht 2 bis 3 mal raus. Die Einlage war dabei feucht bis nass. Das war natürlich anstrengend und hat viel Kraft gekostet.
Jetzt kann ich aktuell ungefähr 5 von 7 Nächte durchschlafen. Allerdings ist die Einlage morgens weiterhin feucht bis nass. Im Verlauf des Tages habe ich allerdings sonst noch keine Veränderung der Kontinenz verspürt. Ich benötige weiterhin die gleiche Menge an Einlagen und es läuft einfach ohne das ich den Druck irgendwie kontrollieren kann.
Das durchschlafen gibt mir immerhin spürbar wieder mehr Kraft und Energie für den Tag.
Allerdings ist seit ein paar Tagen mein Stuhl sehr weich. Dies ist normalerweise eine Nebenwirkung einer Bestrahlung. Hat das aber nach 4 bis 5 Monaten immer noch was damit zu tun, oder ist es eine davon unabhängige Episode? Auch häuft es sich das ich nach einem Essen und anschließender Gassirunde plötzlich einen wahnsinnigen Druck im Darm verspüre, so daß ich im Eiltempo nach Hause muß.
Es gibt also immer irgendetwas das sich jetzt anders verhält und über das ich mir dann Gedanken mache. Ich denke das bleibt auch noch so für eine ganze Zeit...
Relevante Themen: