4. August 2016
Die Inkontinenz ist derzeit mein Hauptproblem. Leider hat sich dies seit der Bestrahlung inkl. dem Katheter und der Anastomosenstriktur-OP deutlich verschlechtert. Zur Zeit ist es so das ich zwar den Harndrang oft spüre, aber meistens zu spät und dann ist anhalten nicht mehr möglich. Somit sind die verwendeten Einlagen auch immer voll. Manchmal so voll, das sie überlaufen. Unangenehm wenn man in dieser Situation unterwegs ist, denn dann muss auch mal in der Öffentlichkeit schnell die Einlage gewechselt werden. Die sommerlichen Verhältnisse erschweren die Situation, bzw. machen es nicht angenehmer. So habe ich halt ständig Urin in der Hose / am Körper, und dies entwickelt natürlich auch Gerüche. Dies ist nicht nur für mich unangenehm, sondern u.U. auch für meine Mitmenschen. Das einzig gute an der Sache ist, das es zwar unangenehm ist, es aber keine Schmerzen verursacht. Insofern jammern auf hohen Niveau.
Heute hatte ich meine erste Einzelstunde zur Inkontinenz. Statt einer weiteren drei wöchigen Reha (wurde mir per Eilverfahren der Deutschen Rentenversicherung genehmigt) habe ich mich für die Einzeltherapie entschieden. Auch wenn es die Krankenkasse nicht bezahlt, halte ich das für den besseren Weg.
Und ich bin voll bestätigt worden. Bereits nach nur einer Stunde habe ich viel mehr mitgenommen als nach der drei wöchigen Reha letztes Jahr. Viel persönlichere und detailliertere Anweisungen und Anleitung erhalten. Damals auf der Reha gab es nur eine Gruppentherapie ohne eine individuelle Einführung. Zwar gab es einen Einzeltermin, aber dieser fand erst in der letzten Woche der Reha statt. Wäre sinnvoll diesen gleich am Anfang zu haben. Dennoch war die Reha hilfreich, da ich mich in den drei Wochen gesamtheitlich von der OP erholen konnte. Jedoch allein das BBT (Becken-Boden-Training) betrachtet, hinterlässt diese Einzelstunde einen besseren Eindruck. Insofern aus meiner Sicht sinnvoll die Reha zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu wiederholen.
Ich soll zwar mit den BBT Übungen weitermachen. Aber anscheinend hilft in meinem Fall am Ende sowieso nur eine Elektrotherapie (rektale Elektrostimulation). Da meine Nerven im Bereich der Blase stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, kann ich vermutlich soviel BBT machen wie ich will, dicht werde ich damit wohl nicht.
Eine solche Elektrotherapie kann für 3 bis 9 Monate als Heimanwendung durchgeführt werden, so dass ich nicht alle zwei Tage zur Therapie reinfahren muss. Sollte sich allerdings nach 3 Monaten keine Verbesserung einstellen, dann wird auch diese Therapie bei weiterer Anwendung nicht zum Erfolg führen. In diesem Fall gibt es wohl "nur" noch die Möglichkeit eines operativen Eingriffs (Sphinkter), um die Inkontinenz in den Griff zu bekommen.
Wie diese Elektrotherapie genau funktioniert, werde ich berichten sobald ich diese anwende. Allerdings wurde mir schon angedeutet das diese anfangs etwas unangenehm sein wird und ich mich erstmal daran gewöhnen muss. Naja, ich habe schon viele unangenehme Situationen in den letzten 9 Monate ertragen müssen, dann kriege ich das auch hin!
Relevante Themen:
29. August 2016
Letztes Jahr bin ich noch voller Lust und Laune ua mit meinem Sohn in den Pool gesprungen, habe mich rausgeschwungen, wieder reingesprungen, Arschbombe hier, Köpfer dort usw.
Jetzt fühle ich mich wie ein alter Sack. Komme kaum mehr über den Poolrand raus. Ballspielen strengt an. Falle aus der Hängematte (zu dumm um das Gleichgewicht zu halten), Rippe geprellt. Mein Penis schmerzt, vlt auch eher ein Jucken. Vom Baden ohne Einlage - zuviel neue Reize? Ziehen im Bein. Oh mann. Gedanken kreisen. Blödsinn mir geht es gut. Manchmal rede ich es mir vlt auch nur ein das es mir gut geht. Nein, mir geht es gut. Bin halt etwas schwächer bzw. schneller angeschlagen und die Erholungsphase dauern länger.
Blöd nur weil ich mit meinem Junior einfach toben will. Aber er wird stärker und ich schwächer, eigentlich normal, aber doch spürbarer als wenn ich normal "altern" würde. Möchte ein starker, vorallem auch körperlich starker Papa für ihn sein, aber es fällt mir schwer. Kann Stärke zunehmends nur aufs mentale vermitteln.
Insofern gilt es für mich die Situation einfach zu akzeptieren und noch zu erlernen.
Relevante Themen:
2. Oktober 2016
Eine Sache die mir persönlich speziell während der ersten Diagnose nie wirklich geholfen hat waren Aussagen wie "Ach, Prostatakrebs hatte mein Freund, Nachbar oder sonstwer. Dem geht es wieder gut!" oder "Prostatakrebs ist gut und einfach zu behandeln" oä.
Alles gut gemeinte Hinweise die mich motivieren sollten. Aber sie haben eher genervt und das Gegenteil bewirkt.
Warum? Naja nicht jeder Krebs verhält sich bei jedem gleich. Solch oberflächlichen Vergleiche hinken einfach. Es gibt fortgeschrittenen, aggressiven oder ein im Frühstadium nur zu überwachenden Prostatakrebs. Eine große Bandbreite und deshalb gibt es auch die Klassifizierung. Ich habe leider die Arschkarte mit dem aggressivsten (Gleason 10) und bereits metastasierten (2 Lymphknoten) Krebsart erwischt. Deshalb sind die oberflächlichen Vergleiche nicht hilfreich. Durch diese Vergleiche bekam ich das Gefühl vielleicht ein Hypochonder zu sein, sofern es nicht so einfach läuft wie bei dem Nachbarn, Freund oder eben Bekannten. Klagen über Schmerzen oder die aufkommende Angst dies nicht überleben zu können, und die war definitiv da, hemmten mich darüber zu reden (Sprichwort Weichei).
Ich fragte meinen Arzt anfangs was passiert wenn ich nichts unternehne, wieviel Zeit hätte ich denn. Nichts zu unternehmen war keine ernstgemeinte Vorgehensweise, denn mir war klar es ist bereits kurz nach Zwölf. Ich wollte aber dadurch nur die Situation besser einschätzen können. Seine Antwort war: 6 Monate Vielleicht! Schluck.
Von ihm kamen auch immer wieder Aussagen wie "Sie wissen wie schwer krank sie sind" und "Sie können sich immer melden und kriegen sofort einen Termin. Die anderen Patienten können warten, das ist Pillepalle was die haben". Solch offenen Worte haben mir anfangs zugesetzt, am Ende aber hat es sehr geholfen die Situation besser einzuschätzen, es zu akzeptieren und daraus auch Veränderungen vorzunehmen, die Sache eben nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Alles andere hätte vielleicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Deshalb danke Dr. Pickl!
Relevante Themen:
17. Oktober 2016
Letzten Freitag auf einen spontanen Besuch beim Arbeitgeber vorbei geschaut.
Schön war es alte Gesichter wieder zu sehen und den sozialen Kontakt zu spüren. Aber auch interessant die unterschiedlichen Reaktionen der Kollegen zu erleben. Einige sehr einfühlsam und interessiert, andere wiederum distanziert und nur über sich und den Job erzählend. Aber man kennt sie ja, aber dennoch verwunderlich zT keinerlei Fragen zum eigenen Wohlbefinden zu erhalten.
Zudem wurde mir von Kollegen öfters die Frage gestellt "Wann kommst du denn wieder?". Nun, das ist momentan nicht unbedingt einer meiner wichtigsten Fragen.
Allerdings wird dies sicherlich bald eine zentrale Frage werden. Ich wurde diese Woche bereits wieder einmal von meiner Krankenkasse angerufen. Sie wollten wissen welche Fortschritte ich mit der Elektrotherapie mache. Beim Hausarzt wurde ich am Freitag ebenfalls darauf hingewiesen mir zu überlegen wie es weiter gehen soll.
Gute Frage, aber ich weiß es nicht. Ich weiß nur bzw merke jetzt wie schwach ich noch vor einigen Wochen/Monaten war. Wie weit aber bin ich jetzt? 70, 80, 90% Prozent. Keine Ahnung.
Bin ich dem Druck der Arbeitswelt gewachsen? Auch wenn ich körperlich irgendwann soweit bin, ist meine Psyche überhaupt soweit?
Viele Fragen, aber keine Antworten.
Was ich aber weiß ist das es heute noch nicht geht. Unter anderem würde ich es heute noch nicht ins Büro schaffen ohne die Einlage einmal zu wechseln. Nur wo soll ich es tun wenn es notwendig wird? In der S-Bahn, auf dem Bürgersteig, irgendwo im Gebüsch?
Überhaupt das Gefühl ständig im Urin zu sitzen und dann Meetings abzuhalten, Vorträge zu halten und man merkt wie es läuft. Die Angst zu haben das es ausläuft und das vor anderen. Wie soll ich dann die Leistung bringen wie früher? Wie soll das gehen? Ich weiß es nicht.
Äußerlich ist mir nicht viel anzumerken, insofern verstehe ich die Irritation einiger wenn ich sage "Ich weiß es nicht". Aber keiner sieht die inneren Schmerzen, die Ungewissheit, die Angst vor der Zukunft. Wann heilen diese Wunden? Ich weiß es nicht.
Relevante Themen:
19. Oktober 2016
Seit ein paar Wochen häuft es sich das ich die Nacht wieder durchschlafen kann. Ob es an der Elektrotherapie liegt kann ich nicht sagen, weil es kurz vor der Therapie schon ab und zu mal vorkam.
Zuvor musste ich, seitdem der Katheter entfernt wurde, jede Nacht 2 bis 3 mal raus. Die Einlage war dabei feucht bis nass. Das war natürlich anstrengend und hat viel Kraft gekostet.
Jetzt kann ich aktuell ungefähr 5 von 7 Nächte durchschlafen. Allerdings ist die Einlage morgens weiterhin feucht bis nass. Im Verlauf des Tages habe ich allerdings sonst noch keine Veränderung der Kontinenz verspürt. Ich benötige weiterhin die gleiche Menge an Einlagen und es läuft einfach ohne das ich den Druck irgendwie kontrollieren kann.
Das durchschlafen gibt mir immerhin spürbar wieder mehr Kraft und Energie für den Tag.
Allerdings ist seit ein paar Tagen mein Stuhl sehr weich. Dies ist normalerweise eine Nebenwirkung einer Bestrahlung. Hat das aber nach 4 bis 5 Monaten immer noch was damit zu tun, oder ist es eine davon unabhängige Episode? Auch häuft es sich das ich nach einem Essen und anschließender Gassirunde plötzlich einen wahnsinnigen Druck im Darm verspüre, so daß ich im Eiltempo nach Hause muß.
Es gibt also immer irgendetwas das sich jetzt anders verhält und über das ich mir dann Gedanken mache. Ich denke das bleibt auch noch so für eine ganze Zeit...
Relevante Themen: