
2. Dezember 2016
Kurts Facebook Post war die erste persönliche Geschichte die ich zum Thema Prostatakrebs Anfang 2016 gelesen hatte.
Als Betroffener war ich natürlich sehr berührt von seiner Geschichte, aber auch beeindruckt davon das er dies öffentlich gemacht hat. Wahrscheinlich hat mich Kurt unbewusst beeinflußt das Gleiche zu tun.
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14. Dezember 2016
Einen äußerst emotional negativen Moment hatte ich vor einem Jahr als ich während der Reha die Möglichkeit hatte mit einem Arzt aus dem Klinikum Großhadern zu sprechen.
Anfangs war ich von dieser Möglichkeit eines persönlichen Gespräches positiv angetan. Danach aber war ich am Boden zerstört. Zwar hatte der Arzt im nachhinein fast mit allem Recht behalten, aber mit seiner Art und Weise der Gesprächsführung hat er vieles für einen Moment zerstört.
Ehrlichkeit tut immer weh, aber eine Diagnose bzw. Aussicht so ungefiltert und rotzig ins Gesicht gesagt zu bekommen, wie in diesem Fall kann keiner ohne weiteres verkraften. Er fuhr sprichwörtlich mit ein Bulldozer in Höchstgeschwindigkeit über ein Blumenfeld.
Verzweifelt lag ich nach dem Gespräch auf meinem Zimmer, kurz davor die Reha abzubrechen. Meinen Frust habe ich in Form einer Mail an die behandelnden Ärzte verfasst.
[mks_toggle title="Beitrag Wut, Ärger und Enttäuschung vom 17.12.2015" state="close"][su_post field="post_content" post_id="314"][/mks_toggle]
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und gab mir wieder Hoffnung, so dass ich dann recht schnell wieder festen Boden unter den Füßen verspürte und die Reha wie geplant noch zu Ende führen konnte.
[mks_toggle title="Beitrag Erleichterung vom 18.12.2015" state="close"][su_post field="post_content" post_id="317"][/mks_toggle]
Nochmal ein dickes Lob und Dank an meine 3 Engel in Weiß vom Klinikum Großhadern!
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10. Januar 2017
Es vergeht kein Tag an dem wir nicht an dich denken. Du fehlst uns.
Erst durch das letzte Jahr habe ich selbst erleben müssen, welch schwere Zeit du durchlebt hast. Natürlich kann ein gesunder Mensch ein wenig mitfühlen, aber niemand kann es wirklich nachempfinden ohne es selbst durchlebt zu haben, gerade in noch so jungen Jahren. Die Ängste zu wissen alles hinter sich lassen zu müssen, nicht mehr an den Ereignissen seiner Kinder teilnehmen zu können. Das sind unvorstellbare Qualen die du ertragen musstest. Ich habe es nur ansatzweise erleben müssen, aber die Schmerzen, die vielen Tränen und die permanente Traurigkeit habe ich gespürt.
Mit dem Wissen des selbst erlebten würde ich heute vieles anders machen. Ich war zwar immer in Gedanken bei dir und habe dich auch öfters besucht und versucht moralisch zu unterstützen, aber es gibt so viel mehr was ich für dich hätte tun können. Vorallem deinen letzten Wunsch hätte ich dir so gerne erfüllt. Das quält mich bis heute liebe Tini. Du fehlst mir.
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7. Februar 2017
Kaum zu glauben das es schon zwei Jahre her ist das du uns für immer verlassen hast. Es ist viel passiert, viel Schlechtes, aber auch einiges Gutes. Auf das Gute müssen wir blicken um die Zukunft positiv gestalten zu können.
Aber der unsägliche Schmerz den wir als Familie haben ertragen müssen bleibt für immer in uns. Es ist noch immer nicht zu verstehen was wir erleben mussten. Dennoch stelle ich mir nicht die Frage "Warum uns?" "Warum so?". Darauf gibt es einfach keine Antwort. Es ist unser Schicksal mit dem wir zu leben lernen müssen.
Das ist das letzte gemeinsame Bild von uns. Ich erinnere mich noch genau. Es war an deinem 50. Geburtstag. Ein letztes gemeinsames Abendessen im großen Kreise der Familie.
Du warst so tapfer und stark dieses Ereignis auf dich zu nehmen. Ich weiß nicht was du in diesem Moment gefühlt, vielleicht sogar geahnt hattest. Aber du hast es uns nicht spüren lassen. Du bist eine unheimlich starke Schwester auf die ich immer stolz blicken werde.
Kurz danach musstest du auf die Palliativstation. Eigentlich nur für eine Woche geplant, aber leider war es dir nicht vergönnt nochmal nach Hause zu kommen. Die Unterstützung der Palliativstation war für dich sicherlich unter dem Gesichtspunkt deiner gesundheitlichen Versorgung eine große Hilfe.
Aber als du mir dreimal ins Ohr flüsterste ”Komm wir fahren jetzt nach Hause" blutete mein Herz. Zwar antwortete ich damit das dein zu Hause da ist, wo wir alle gerade zusammen sind (ich habe das von Julia übernommen). Es klang in diesem Moment passend, weil wir auch so hilflos waren und es nicht mehr ändern konnten. Ich fühle mich aber bis heute nicht gut damit.
Ich hätte dich so gerne nach Hause gebracht, aber es ging nicht mehr. Es war zu spät und du so geschwächt. Es tut mir so leid, Tini.
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1. März 2017
Die schlimmste Zeit während meiner gesamten Behandlung, inklusiver aller OPs und Untersuchungen war während der Bestrahlung. Diese startete heute genau vor einem Jahr.
33 Bestrahlungen, jeden Tag außer am Wochenende und an Feiertagen. Jeden Tag mit dem Taxi 30 Km hin und zurück. Immer schauen das die Blase gut gefüllt und der Darm entsprechend leer ist. Es stellte sich eine gewisse Routine ein: jeden Morgen der gleiche Ablauf, die gleiche Menge trinken und essen. Im Normalfall ganz einfach.
Personen mit eigenen Bestrahlungserfahrungen meinten im Vorfeld es sei alles recht locker und entspannt. So war ich selbst anfangs auch recht entspannt, zumal sich nach den ersten drei Anwendungen alles ganz gut einspielte. Allerdings merkte ich nach kurzer Zeit schon die negativen Auswirkungen auf meinen Körper. Die OP-Narbe schwoll an und verengte dadurch die Harnröhre (Anastomosenstriktur). Und das bereits nach einem Drittel der Anwendungsserie. Die Verengung führte zu einem schwächeren Strahl und es bestand die Gefahr auf ein Urinstau. Das musste natürlich vermieden werden.
Um die Striktur zu entfernen war ein kleiner operativer Eingriff notwendig. Dieser Eingriff hätte allerdings zu einer Unterbrechung der Bestrahlung geführt. Da die Onkologen die Bestrahlung jedoch nicht unterbrechen wollten, wurde mir ein sogenannter "Pufi" (Fachbegriff: subrapubische Katheter), also ein Bauchdeckenkatheter gelegt.
Durch die Bestrahlung war die Gegend um die Blase bereits in Mitleidenschaft gezogen und es fiel mir schwer die Blase bzgl. Füllstand so zu steuern das problemlos "angestochen" werden konnte. Denn zum durchstechen der Bauchwand und Blase war eine volle Blase notwendig. Es war schon so für mich nicht einfach eine gut gefüllte Blase zu erreichen, aber wenn ich dann auch nur auf Zuruf zum Anstich hereingerufen werde, musste ich dreimal kurz vor dem Anstich aufgrund des großen Blasendrucks aufs Klo. Völlig verzweifelt wollte ich es für diesen Tag komplett abbrechen. Beim letzten Versuch sollte es dann aber klappen.
Den Stich selber habe ich eigentlich nicht bemerkt. Im Gegenteil es stellte sich rasch eine gewisse Erleichterung ein, denn die Blase leerte sich. Allerdings ging viel durch die Anstichstelle heraus, so dass ich mich fast komplett im Beckenbereich einnässte. Zwar sollte ich meine Klamotten etwas nach oben bzw. nach unten ausziehen, aber eben nicht ganz aus. So war dann einiges etwas feucht. Ersatzkleidung nicht dabei.
Nachdem der Katheter gelegt war, war es anfangs bei der Bestrahlung recht einfach den Blasenfüllstand mit dem Katheter zu kontrollieren. War zuviel drin, einfach öffnen und ein bisschen ablassen.
Allerdings folgte jetzt auch die schlimmste Zeit. Denn es passierte immer wieder das der Katheter "verstopfte" und ich massive Probleme mit der Entleerung bekam. Es waren immer so ekelige lange Blutfäden die sich den Weg durch den Katheter suchten. Alles normal laut Ärzte.
Die Verstopfung war dann so schlimm das ich manchmal kurz davor war den Notarzt zu rufen. Im Rhythmus von vielleicht immer wieder drei Stunden, floss der Urin und dann wieder nicht für drei Stunden und das über einige Wochen hinweg. In dieser Zeit wenn es nicht floss, erlitt ich Höllenqualen. Ich musste dringend, ganz dringend, aber es lief nichts und das für drei Stunden. Welch Qual, Blut und Wasser geschwitzt. Hilflosigkeit machte sich bei uns breit. Spülungen mit Kochsalzlösungen brachten nur vereinzelt einen Erfolg. Oft schied dann die Kochsalzlösung direkt durch die Harnröhre aus, ohne das aber sich meine Blase entleeren konnte. Über Wochen keine Nacht durchgeschlafen.
Am Ende der Bestrahlung war die Erleichterung schon groß und es war ein tolles Gefühl die Glocke zum Abschluß zu läuten, aber die Probleme hielten noch rund zwei Wochen nach der Bestrahlung an.
Und dann plötzlich, zwei Tage vor meinem 50. Geburtstag, wurde es besser. Mein schönstes Geschenk!
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